Die Zukunft spielt in der Medizintechnik

Was ist die drängendste Herausforderung für Unternehmen, die Medizintechnikprodukte herstellen?

Die Medizintechnikbranche liegt weltweit auf Platz zwei bei Patentanmeldungen. Ein höchst innovativer und lukrativer Markt sowohl für die Forschung als auch für Industrieunternehmen. Dabei steigt der regulatorische Druck immer mehr: Die Umsetzung der neuen europäischen Medical Device Regulation (MDR) und der EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR) gestaltet sich sehr anspruchsvoll. Es gibt europaweit zu wenige Zertifizierungsstellen (Benannte Stellen) und gerade kleinere Unternehmen drohen damit ins Hintertreffen gegenüber großen Platzhirschen zu geraten, weil sie ihre Produkte nicht zeitnah zulassen bzw. nachzertifizieren lassen können. Auch dank der Unterstützung durch den MTC gibt es seit 23. Dezember 2022 mit der QMD Services erstmals wieder eine Benannte Stelle nicht nur in Österreich, sondern sogar im Linzer Winterhafen. Vorerst nur für den Bereich IVDR – wir erwarten die Zulassung für die MDR bis Mitte 2023.

Welche Tipps hat der MTC für Unternehmen, die in die Medizintechnikbranche einsteigen?

Die Medizintechnik ist eine spannende, zukunftsträchtige Branche, die allerdings stark reglementiert ist. Wer sich dafür entscheidet, in die Branche hineinzuschnuppern, dem empfehlen wir, sich rechtzeitig beraten zu lassen. Gerade wenn die Idee besteht, ein eigenes Medizinprodukt zu entwickeln, müssen von Beginn an die Anforderungen an ein Qualitätsmanagement etc. mitbedacht werden. Einfacher ist der Einstieg in die Branche als Zulieferer. Viele oberösterreichische Unternehmen aus der Kunststoffbranche sind nach DIN EN ISO 13485 zertifiziert und unterstützen die heimischen MedTech-Unternehmen mit Kunststoff- oder Silikonkomponenten.

Welche konkrete Unterstützung bietet der MTC für Unternehmen an, die einsteigen wollen oder bereits tätig sind?

Der MTC unterstützt sowohl Einsteiger in die Medizintechnik als auch Start-ups und etablierte Unternehmen, die in die Branche umsteigen möchten. Denn so einzigartig die Chancen auch sind, die der Markt bietet, die Entwicklung eines Produktes kann herausfordernd sein. Um in dieser komplexen Branche erfolgreich Fuß fassen zu können, sind vor allem die Unterstützung von Experten und ein gutes Netzwerk nötig. Und dafür steht der MTC. Wir bieten mit dem MedTech-Check ein breites Angebot an Informationen, Empfehlungen, Ideenworkshops, Expertenmeinungen u.v.m. Damit geben wir eine fundierte Entscheidungsgrundlage und Unterstützung für den Einstieg in die Medizintechnikbranche. Zudem haben wir mit dem MedTech-Inkubator eine perfekte Unterstützung für MedTech-Start-ups.

Was genau ist der MedTech-Inkubator?

Der MedTech-Inkubator bündelt das Know-how von zwei oberösterreichischen Experten: Die Expertise in der Gründungsberatung bei tech2b sowie die Fachkompetenz und das Branchennetzwerk im Bereich Medizintechnik des MTC. Im Rahmen dieses branchenspezifischen Gründungsprogramms werden MedTechStart-ups bei der Umsetzung ihrer Idee, der Entwicklung einer regulatorischen Strategie und einem darauf abgestimmten Geschäftskonzept sowie dem Beantragen weiterer Fördermittel unterstützt. Damit wurden optimale Rahmenbedingungen für Spin-offs und Start-ups im medizinischen und medizinnahen Umfeld geschaffen.

Ein Thema, das Unternehmen aller Branchen und Größen betrifft, ist Nachhaltigkeit. Wie kann die Gesundheitsbranche ihren Beitrag gegen den Klimawandel leisten?

Nachhaltigkeit ist kein Fremdwort für die Medizintechnikbranche. Das Gesundheitssystem hat einen enormen Ressourcenverbrauch und setzt erhebliche Mengen CO₂ frei. Das Projekt HospiCycle beispielsweise untersucht Möglichkeiten des Recyclings von Kunststoffabfällen, die in Krankenhäusern anfallen. Ziel ist, Verpackungen zu recyceln, die sonst nicht oder nur unspezifisch verwertet werden. Das verlangt nach einem Engagement entlang der gesamten Wertschöpfungskette – dementsprechend setzt sich das Projektteam zusammen: Neben dem Transfercenter für Kunststofftechnik (TCKT) als Projektleiter sind die Oberösterreichische Gesundheitsholding GmbH (OÖG), die Altstoff Recycling Austria AG (ARA), die Walter Kunststoffe GmbH und die Greiner Packaging International GmbH mit im Boot.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Themen will der MTC in den nächsten Jahren stärker in den Fokus rücken?

Bis 2050 wird es geschätzt doppelt so viele Über-60-Jährige wie Unter-Fünfjährige geben. Diese Entwicklung wird dazu führen, dass es nicht genügend Pflegebetten, aber vor allem nicht ausreichend Pflegekräfte geben wird. Der MTC will daher in den nächsten Jahren gemeinsam mit seinen Partnerunternehmen und Oberösterreichs Forschungseinrichtungen seinen Teil dazu beizutragen, die Pflegekrise zu mildern. Mehr Fachkräfte in die Pflege zu bekommen, ist ein möglicher Zugang. Ein weiterer ist die Entwicklung von intelligenten, unterstützenden Tools für die Fachkräfte. Und genau da setzen wir im MTC mit unseren Projekten an. Unsere Partner entwickeln genau die Lösungen, die Pflegeeinrichtungen und Sozialverbände brauchen und profitieren bei Bedarf vom Zugang zu einem großen Branchennetzwerk, das unter dem Dach der oberösterreichischen Standortagentur vereint ist. Die Clusterinitiativen von Business Upper Austria sind die Kompetenzzentren für firmenübergreifende Zusammenarbeit in Oberösterreich – und weit darüber hinaus. Aktuell arbeiten bereits mehr als 2.000 Partner erfolgreich zusammen. Ob im Kunststoff-, Mechatronik- oder ITC-Cluster – wir finden die richtigen Kooperationspartner für Ihre innovativen Ideen.

Medizintechnik-Cluster (MTC) Der Medizintechnik-Cluster steht für Networking, Kooperation und Innovation und verbindet Wirtschaft, Forschung, Bildung und Gesundheit. Neben den Schwerpunkten Digital Health, Medical Materials und Medical Engineering wird sich der MTC künftig auch verstärkt um zukunftsrelevante Themen wie die alternde Gesellschaft und die Pflege kümmern.

www.medizintechnik-cluster.at