20.04.2020
An der Medizinischen Universität Wien (MUW) läuft derzeit das FFG-geförderte Projekt M3dRES (Additive Manufacturing for Medical Research). Rund um dessen Leiter Prof. Francesco Moscato und seinen Stellvertreter Ing. Ewald Unger hat sich ein Forschungsteam gebildet, das den 3D-Druck in der medizinischen Forschung etablieren sowie an der Medizinischen Universität und am Allgemeinen Krankenhaus Wien implementieren will. Die Additive Fertigung (auch bekannt als 3D-Druck) wird seit zwei Jahrzehnten in fast allen Bereichen der Medizin eingesetzt.
Im Bereich der präoperativen Planung ermöglichen kardiovaskuläre Simulationsmodelle die Erforschung der patientenspezifischen Fluiddynamik anhand der rekonstruierten Anatomie sowohl in Computermodellen als auch in-vitro. Sie werden zur Untersuchung von Herzunterstützungssystemen sowie von Transkatheter-Herzklappen eingesetzt. Design und Herstellung von medizinischen Systemen wie patientenindividuellen tracheobronchialen Stents oder chirurgisch geplante Schneid- und Bohrschablonen für Osteotomien bilden weitere Punkte aus einem breiten Angebot von Möglichkeiten der Additiven Fertigung.
Zur Verbesserung und Prüfung der medizinischen Bildgebung werden anthropomorphe Phantome erforscht, um die patientenspezifische Morphologie und die gewebsspezifischen Eigenschaften im Röntgen zu emulieren. Sie dienen als Referenzmodelle für die Optimierung von Protokollen und Algorithmen der Bildgebung. Die meisten Modelle, die für Forschungszwecke verwendet werden, finden auch Anwendung als Simulatoren für die ärztliche Ausbildung in kritischen Bereichen wie z.B. der neonatalen Intensivstation. Im Bereich „Tissue Engineering“ wird das Electrospinning-Verfahren zur Herstellung von Gefäßprothesen weiterentwickelt, wobei die Faserorientierung und -ablage während des Prozesses präzise gesteuert wird.
Die neueste implementierte Technologie ist die 2-Photonen-Polimerisation. Sie dient zur Untersuchung von Strukturen im Nanobis Mikrometerbereich. Parallel zur Entwicklung und Herstellung werden die einzelnen 3D-Modelle und Materialien sowohl auf mechanische und dimensionale Charakterisierung als auch auf ihre Biokompatibilität regelmäßig untersucht, um die geforderten Qualitätskriterien zu erfüllen.
Ziel des Einsatzes des 3D-Drucks in der Medizin ist, die Präzision bei chirurgischen Eingriffen zu erhöhen. Die Forscher hoffen auch auf Reduktion der intra- und postoperativen Komplikationen. 3D-Druck könnte außerdem die „Off-the-shelf“-Verfügbarkeit von Gewebe und vielleicht ganzer Organe zur Transplantation ermöglichen. Auf diesem Weg sind noch viele Herausforderungen zu bewältigen: die Standardisierung der Prozesse in Übereinstimmung mit den regulatorischen Anforderungen, die Automatisierung der Vor- und Nachbearbeitung sowie die Weiterentwicklung von implantierbaren, biokompatiblen und „intelligenten“ Materialien.
Die Autoren forschen am Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der Medizinischen Universität Wien und am Ludwig Boltzmann Institut für kardiovaskuläre Forschung.